Die AG Digitales Publizieren im Verband Digital Humanities im deutschsprachigen Raum reflektiert über zentrale Begriffe, sinnvolle Standards und mögliche Empfehlungen für das digitale Veröffentlichen in den Geisteswissenschaften. Daran beteiligen sich Vertreter:innen der Bibliotheken, Archive und verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen.
Das Berliner Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft in Berlin hat gemeinsam mit dem Fachausschuss der GMM im Februar 2020 die Konferenz Tipping Points – Zum Verhältnis von Freiheit und Restriktion im Urheberrecht organisiert (übrigens die letzte, die ich vor der Corona-Pandemie noch vor Ort besuchen durfte). Die Tagung war bereits sehr anregend, weil ich dort u.a. mit Rechtswissenschaftlern wie Prof. Dr. Axel Metzger (HU Berlin; Gründungsdirektor des Weizenbaum-Instituts) und Prof. Dr. Martin Kretschmer (Glasgow; Direktor von CREATe) sprechen konnte, was sehr interessant war.
Aus der Konferenz „Während und nach Corona: Digitale Lehre in der Germanistik“ ist ein Konsenspapier „Das brauchen wir: 8 Anforderungen an die zukünftige Lehre in der Germanistik“ hervorgegangen, das knapp fünfzig Erstunterzeichner*innen gefunden hat und zur weiteren Unterzeichnung bereitsteht. Ich werde das Papier im Folgenden dokumentieren, es kann jedoch auf der Konferenzseite selbst unterzeichnet werden. Die Produktion dieses Textes entsprach übrigens selbst den Gepflogenheiten kollaborativer digitaler Schreibprozesse, in deren Verlauf verschiedene Soziale Medien, Plattformen und Tools genutzt wurden:
Ich hatte die große Freude, als Mitorganisator die Konferenz über digitale Lehre in der Germanistik während und nach Corona vorbereiten, einleiten und begleiten zu dürfen, die am 25. und 26. August 2020 (logistisch unterstützt vom Forschungsverbund Marbach Weimar Wolfenbüttel) stattfand. Es war schier unglaublich, dass wir in nur zwei Monaten Vorbereitungszeit dieses Format produktiv machen konnten, mit 200 angemeldeten Teilnehmer*innen, dreißig Vortragenden aus vier Kontinenten und sehr inspirierenden Beiträgen und Diskussionen!
Die Konferenz wird auf vielfältige Weise nachhallen, unter anderem durch das Konsenspapier „Das brauchen wir: 8 Anforderungen an die zukünftige Lehre in der Germanistik“. Bald werden auch die Vorträge und Chatverläufe auf der Konferenzseite abrufbar sein. Einstweilen mag ein Konferenzbericht einen Einblick geben, wie produktiv diese Konferenz war; dem digitalen Format der Konferenz angemessen erscheint mir ein Konferenzbericht in ausgewählten Tweets:
Gesamtbewertung der Konferenz
“Wir sind viele” (@DrThomasErnst) Fühle mich als (glücklicher) Teil einer großen #germanistischen Selbsthilfegruppe. Bedarf ist riesig, Effekte sicher enorm. Es ist so wichtig, dass wir über #digitaleLehre diskutieren, und dass wir das jetzt & gemeinsam tun. Danke für #DigGerm! https://t.co/DOr75Oelgx
Als Mitte März die Corona-Pandemie die Umstellung der Lehre auf
einen reinen digitalen Unterricht erforderte, haben sich Teile der
germanistischen Fachcommunity am Aufbau des digitalen Portals „Digitale Lehre
Germanistik“ auf den Seiten des Forschungsverbunds Marbach Weimar Wolfenbüttel
beteiligt. Gemeinsam mit anderen Kolleg*innen war ich daran beteiligt, verschiedene
Vorschläge für eine konstruktive Selbstreflexion innerhalb
der Germanistikzu formulieren, damit wir diesen Prozess restrospektiv
aufarbeiten könnten.
Es freut mich sehr, dass es nun am 25. und 26. August 2020 eine digitale Konferenz geben wird, auf der etwa 30 Beitragende aus vier Kontinenten Continue reading →
Bereits vor dem Coronasemester haben einige Kolleg*innen und ich die Notwendigkeit formuliert, dass die Germanistik die Umstellung auf digitale Lehre während der Covid-19-Pandemie in einem Prozess konstruktiver Selbstreflexion aufarbeiten müsse. Die öffentliche Debatte über Präsenzlehre, digitale Lehre und Blended Learning hat noch einmal gezeigt, wie wichtig eine solche differenzierte Auseinandersetzung ist.
Gemeinsam mit den Kolleg*innen Kai Bremer (Osnabrück), Jan Horstmann (MWW), Andrea Geier (Trier), Ariane Rau (Frankfurt am Main), Thorsten Ries (Gent/Regensburg) und Claudia Sittig (Rostock) organisiere ich nun eine entsprechende virtuelle Konferenz, die am 25./26. August 2020 stattfinden wird und für die bis zum 31. Juli noch Beitragsvorschläge eingereicht werden können. Der Call findet sich hier:
Am 8. Juli 2020 bin ich zu Gast in der Reihe “Digitales Lehren in (…)” an der Ruhr-Universität Bochum. Dort spreche über meine Erfahrungen mit der digitalen Lehre in den Niederlanden (vor der Coronakrise an der Universiteit van Amsterdam) und in Belgien (während des Coronasemester an der Universiteit Antwerpen). Zudem stelle ich sechs Thesen zur digitalen Lehre auf. Sie können sich die Präsentation (in einer gekürzten Form) können Sie sich ansehen und hier noch die sechs Thesen lesen. Kommentare sind sehr willkommen!
Nun sagt, wie halten wir es zukünftig mit der digitalen
Lehre? Diese neue Gretchenfrage der Hochschullehre stellt sich in neuer Form, denn
der
aktuelle Forschungsstand zur Covid-19-Pandemie lässt Präsenzunterricht vorerst
wenig ratsam erscheinen. Die ersten Universitäten wie die University of Cambridge deklarieren
folglich bereits das komplette Studienjahr 2020/21 zum Online-Lehrjahr. Gegen
diese nahe liegende Entwicklung polemisieren nun konservative Medien: Thomas
Thiel behauptet jüngst in der FAZ,
dass „das digitale Einheitsprodukt billiger ist als das physische Seminar vor
Ort“ und letztlich nur Medienkonzernen wie Bertelsmann und Microsoft diene;
Susanne Gaschke proklamiert in der Welt
gar „das Ende der Universität, wie wir sie kannten“. Auch eine linke Aktivistin
wie Naomi Klein problematisiert den Digitalunterricht als Teil einer „High-Tech
Dystopia“, die sie in The
Intercept als Teil des „Screen New Deal“ diffamiert.
Es ist weise, diese sozialen und ökonomischen Gefahren im Blick zu behalten. Zur Weisheit gehört jedoch auch, diese Thesen mit konkreten Erfahrungen in der Hochschullehre abzugleichen. Es gibt bereits entsprechende Threads zu den Artikeln von Thiel und Gaschke, in denen Kolleg*innen diese Meinungsbeiträge als „antiakademische Polemik“ in Kombination mit „Technikfeindlichkeit“ (@miriamzeh) bzw. „Unfassbarer Schmarrn“ (@ArminNassehi) und „quasi argumentfrei“ (@drbieber) bewerten. Im Gegensatz dazu müssten auch die positiven Erfahrungen berücksichtigt werden, denn: „Wir werden das Gute aus der Online-Lehre behalten, und damit die Präsenzlehre aufwerten.“ (@nettwerkerin)
Da bei uns in Belgien das Sommersemester früher liegt als in Deutschland (von Februar bis Mai), erwischte uns die Umstellung auf reinen Online-Unterricht mitten im laufenden Semester. Das war im März eine enorme Herausforderung, ermöglicht mir nun jedoch, bereits anderthalb Monate vor den Kolleg*innen aus Deutschland ein vorläufiges Fazit dieser digitalen Lernerfahrungen und vor allem Empfehlungen für 2020/21 zu formulieren. Continue reading →
Die Covid-19-Pandemie hat einen
großen Einfluss auf unser Alltagsleben, beispielsweise stehen plötzlich andere
Arbeitsbereiche im Fokus der Öffentlichkeit. In der Wissenschaft ist auffällig,
dass zuletzt Immunologen und Virologen eine ganz neue Prominenz erlangt haben. Internationale
Koryphäen wie Anthony Fauci in den USA, Christian Drosten in Deutschland oder
Marc van Ranst und Erika Vlieghe in Belgien sind medial präsent und werden fast
schon zu Popstars.
Es ist eine gute Entwicklung,
dass die populäre Wissenschaftskommunikation eine ganz neue Reichweite erhält,
beispielsweise der Podcast
von Christian Drosten oder der Vlog-Channel
von Mai Thi Nguyen-Kim. Auch viele Nicht-Wissenschaftler*innen können nun etwas
mit einem Begriff wie ‚Peer Review‘ anfangen. Einer aktuellen Studie zufolge sprechen sich 90%
aller Bürger*innen dafür aus, die Politik möge auch zukünftig „verstärkt
Meinungen und Analysen der Wissenschaft in politische Entscheidungsprozesse“
einbeziehen.
Zugleich bewirkt die aktuelle
mediale Fixierung auf die Naturwissenschaften und die ökonomische Krise jedoch
auch eine nachhaltige Verschiebung der gesellschaftlichen Interessenlage.
Während viele Selbstständige aus dem Kultursektor gerade auftrags- und
teilweise auch öffentlichkeitslos sind und Expert*innen bereits ein großes
Zeitungs- und Kinosterben prophezeien, fokussiert sich die mediale
Öffentlichkeit hauptsächlich auf die Bereiche Politik, Virologie und Ökonomie.
Geisteswissenschaften,
Kompetenzen und Kulturkrisen
Diese einseitige Priorisierung greift jedoch zu kurz. Denn natürlich muss Continue reading →
Veröffentlicht am 7. April 2020 | Thomas Ernst | 1 Kommentar
Heute haben Dr. Iuditha Balint und ich das Call for papers für unsere gemeinsame Konferenz veröffentlicht, die sich im November mit dem Thema “Korrigieren – eine Kulturtechnik” befassen wird. Ausgangspunkt ist es einerseits, dass die digitale Vernetzung und die sozialen Medien uns in ganz anderer Weise ermöglichen, literarische und wissenschaftliche Texte in einer kollaborativen Zusammenarbeit zu korrigieren und zu verbessern. Andererseits halten wir diesen Bereich der Schreibarbeit noch für zu wenig erforscht – insbesondere auch in seiner Bedeutung für Schreibprozesse und Autorschaftsmodelle. Das Call for papers findet sich unter anderem hier.
Dr. Iuditha Balint ist die Direktorin des Fritz-Hüser-Instituts für Literatur und Kultur der Arbeitswelt und hat mich zur Partizipation an diesem Projekt eingeladen, wofür ich sehr dankbar bin. Unterstützt werden wir bei diesem Projekt von ihrer Mitarbeiterin Janneke Eggert. Es ist vorgesehen, dass die von uns eingeladenen Beiträger*innen ihre Reise- und Hotelkosten erstattet bekommen. Sollte die gemeinsame Bekämpfung der COVID19-Pandemie es ratsam erscheinen lassen, fände die Konferenz in einem digitalen Kommunikationsraum statt.