Seit anderthalb Jahren begleitet eine studentische Redaktion unseres Essener Masterstudiengangs „Literatur und Medienpraxis” in Kooperation mit dem Berliner Haus der Kulturen der Welt in einem Blog den „Internationalen Literaturpreis”. In diesem Jahr stehen sechs Titel auf der Shortlist, die im Original in englischer, französischer, hebräischer, kroatischer und ungarischer Sprache geschrieben wurden. Gerade hat das Haus der Kulturen der Welt bekannt gegeben, dass der mit insgesamt 35.000 € dotierte Preis an den Roman Judas geht, der von Amos Oz geschrieben und von Mirjam Pressler übersetzt wurde.
Die Begründung der Jury lautet wie folgt: „Amos Oz gelingt es meisterhaft, in seinem Roman die großen Fragen und Konflikte der Religions- und Zeitgeschichte im Nahen Osten zu erzählen. Er verschränkt Antike und Gegenwart und stellt den Konflikt zwischen Judentum und Christentum der modernen jüdisch-palästinensischen Realität gegenüber. Der Autor reflektiert mittels seiner drei Roman-Figuren – des weltfremden, unentschlossenen Schmuel Asch, des greisen Zynikers Gershom Wald und dessen verwitweter Schwiegertochter Atalja Abrabanel – souverän sein politisch-historisches Wissen und schafft dadurch ein unkonventionelles Stück Weltliteratur. Der Roman Judas stellt die Frage nach dem Verhältnis von Judentum und Christentum anhand der biblischen Judas-Figur neu. Er verknüpft die Problematik des Verrats mit den realpolitischen Geschehnissen in der Gründungsphase des Staates Israel und im andauernden Nahostkonflikt. Das Geheimnis des Buches ist die Darstellung der Stimmungen zwischen den Konfliktparteien, gespiegelt in den Gesprächen zwischen den drei Protagonisten. Mirjam Pressler gelingt mit der deutschen Übersetzung eine feine Nuancierung des Atmosphärischen, das dieses kluge und mehrschichtig konstruierte Werk durchwirkt und trägt.”
Bei der Langen Nacht der Shortlist am 8. Juli 2015 werden die AutorInnen und ÜbersetzerInnen der Shortlist im Haus der Kulturen der Welt ihre Werke in Lesungen und Diskussionen präsentieren. Vorläufig erhalten Sie bereits einen guten Einblick in die Arbeit der Jury und die Bücher der Shortlist auf unserem Weblog (die unten stehende Liste wird noch ergänzt):
Buchtrailer (und Rezensionen) zu den Büchern der Shortlist des „Internationalen Literaturpreis 2015″
- Preisträgertext: Amos Oz: Judas (Übersetzerin: Mirjam Pressler), von Alina Bäcker und Tamara Karvang
- NoViolet Bulawayo: Wir brauchen neue Namen (Übersetzerin: Miriam Mandelkow), von Tatjana Tempel und Jacqueline Thör
- Krisztina Tóth: Aquarium (Übersetzer: György Buda), von Minou Trieschmann und Stefan Dierkes
- Patrick Chamoiseau: Die Spur des Anderen (Übersetzerin: Beate Thill)
- Daša Drndić: Sonnenschein (Übersetzerinnen: Brigitte Döbert & Blanka Stipetić)
- Gilbert Gatore: Das lärmende Schweigen (Übersetzerin: Katja Meintel)
Gespräche mit der Jury des „Internationalen Literaturpres 2015″
- Michael Krüger im Gespräch: „Ich dachte, man muss den gepflegten Roman einreichen” (von Lisa-Marie Reingruber)
- Iris Radisch im Gespräch: „Es fällt sehr schwer ein absolutes Urteil zu fällen” (von Minou Trieschmann)
- Sabine Scholl im Gespräch: „Es besteht die Gefahr, dass man zu sehr die Kriterien unserer westlichen Welt als einzigen Maßstab anlegt” (von Jana Leonhardt)
- Leila Chammaa im Gespräch: „Man liest nicht die Sprache des Autors, sondern des Übersetzers” (von Stefan Dierkes)
- Sabine Peschel im Gespräch: „Der ILP ist ein wichtiger Preis” (von Lisa-Marie Reingruber)
- Marko Martin im Gespräch: „Erfahrungen von Grenzüberschreitungen” (von Florian Deckers und Minou Trieschmann)